Doppelflinte für die Badischen Zoll- und Steueraufseher


Geschichte


Gegen Ende des Jahres 1826 erfolgte in Baden die Trennung der Polizeimannschaft von dem Zoll- und Steuerpersonal. Die Polizeibediensteten erhielten die Benennung Polizeigardisten. Das gesamte Polizeipersonal bestand nun aus 6 Oberpolizeiinspektoren und 131 Polizeigardisten. Bewaffnet waren sie mit einem nun „modellmäßigen“ Doppelgewehr, aber mit einem zusätzlich auf den Doppellauf aufpflanzbarem Dillenbajonett, sowie mit einem Infanteriesäbel und einer Patronentasche (Kartusche). Säbel und Kartusche wurden an zwei kreuzweise über die Brust gehenden Bandolieren getragen. Nach den neu erlassenen Bestimmungen sollte der Gardist bei Feuersbrunst, Aufläufen, Jahrmärkten und dergleichen mit aufgepflanztem Bajonett und gepacktem Tornister erscheinen.

Am 1. Oktober 1829 wurden die bisher geführten Doppelgewehre der Gardisten einzogen und an das Zoll- und Steuerpersonal abgegeben.

Zoll- und Grenzschutz im Großherzogtum Baden:

Nach der Trennung von den Polizeigardisten wurde das Zoll- und Steuerpersonal stark vermehrt. Nach dem Beitritt zum deutschen Zollverein 1835 unterhielt Baden zur Schweiz und Frankreich 160 Grenzaufsichtsstationen. Hier verrichteten 23 Grenzkontrolleure, 30 berittene Grenzaufseher und 458 Grenzaufseher zu Fuß ihren Dienst. Da sich die Anzahl als unzulänglich erwies, wurden schon 1836 die Berittenen auf 33 und die Fußaufseher auf 727 erhöht. Die Zahl der Grenzaufsichtsstationen und der Stand der Grenzaufsichtsmannschaft hatte sich im Laufe der Jahre vielfach geändert, wie aus der Tabelle (Bild 23) aus dem Buch: Kirsch, C. Die Zoll- und Reichssteuerverwaltung im Großherzogtum Baden, Karlsruhe, 1885 ersichtlich ist.

In jeder Grenzaufsichtsstation war ein Postenführer als Vorgesetzter der Grenzaufseher eingesetzt. Der nächste Vorgesetzte war der Grenzkontrolleur des Bezirkes, dem die Mannschaften des Bezirks in allen dienstlichen Beziehungen untergeordnet waren. Die Grenzkontrolleure standen mit dem gesamten Aufsichtspersonal eines Hauptamtsbezirks in allen die Grenzbewachung betreffenden Dienstverhältnissen unter der persönlichen Leitung des Oberzollinspektors des Hauptzollamts.

Bewaffnet waren die berittenen Grenzaufseher nach der Vorschrift von 1847 mit einen Schleppsäbel mit Scheide, Schlagriemen und einer Kuppel von schwarzlackiertem Leder samt messingenem Hacken; Kartusch mit Bandelier und Wappenschild; einer Pistole mit eisernem Ladestock und Riemen; Kugelzieher (Pistolenkrätzer), Schraubenzieher und Federhacken. Für die vorkommenden Dienstleistungen zu Fuß war noch ein „pistonirtes“ Doppelgewehr mit eisernem Ladestock, Riemen und dem zu diesem Gewehr erforderlichen Kugelzieher vorhanden. Die Pistole wurde zu Pferd in einem Pistolenholster mit Deckel vorn links am Sattel verwahrt.

Die Fußaufseher (einschließlich Rheinschifffahrtswächter und Schiffsbekleiter) hatten ein Perkussions-Doppelgewehr mit eisernem Ladestock und Riemen; ein Bajonett mit Scheide; einen Säbel mit Scheide und Kuppel samt Wappenschild; eine Büchsentasche mit Kugelzieher, Schraubenzieher, Federhacken, Lademaß, Pulverhorn, Kugelform und einen Schrotbeutel. Ferner eine Sondiernadel zum Anschrauben an den Gewehrladestock für die Visitation von Wagenladungen.

Nach Höchstem Befehl vom 16. Juli 1835 wurde die Steuer- und Zoll-Verwaltung voneinander getrennt. So gab es neben den Grenzaufsehern in Baden noch 170 uniformierte und bewaffnete Steueraufseher welche in den Stationsorten der entsprechenden Bezirke verteilt waren.

Die Steueraufseher hatten als Bewaffnung ein Perkussions-Doppelgewehr mit eisernem Ladestock und Gewehrriemen, Kugelzieher, Schraubenzieher, Federhacken, Lademaß, Kugelform, Pulverhorn, Schrotbeutel, einen Säbel mit Scheide, sowie ein Bajonett mit Scheide und einen Büchsensack.

Die Doppelgewehre oder Doppelflinten

Die 1810 bei den Hartschieren geführten so genannten doppelten Karabiner mit Riemen wurden wohl anfangs bei privaten Büchsenmachern, später auch aus der neu errichteten Gewehrfabrik in St. Blasien beschafft. Sie waren nicht reglementiert und hatten auch kein Bajonett zum Aufpflanzen. Eine Doppelflinte mit der Herstellersignatur St. Blasien auf der Schlossplatte und dem Fertigungsjahr 1819 auf der rechten Kolbenseite befindet sich im Wehrgeschichtlichen Museum in Rastatt. Erst ab 1826 als die Doppelgewehre „modellmäßig“ wurden erhielten sie zusätzlich ein auf den Doppellauf aufpflanzbares Dillenbajonett. Bis Anfangs der 1830ger Jahre bezog man die neuen Doppelgewehr aus St. Blasien, dann wurden größere Lieferungen aus der Gewehrfabrik in Oberndorf bestellt. So lieferte Oberndorf (nach Angaben aus der Chronik der Gewehrfabrik):


1834/35: 116 Doppelflinten und 200 Bajonette für Doppelflinten

1835/36: 401 Doppelflinten und 199 neue Bajonette auf alte Doppelflinten

1836/37: 50 Doppelflinten

1837/38: 20 Landjägerdoppelflinten

1852: 125 Doppelflinten

In Summe: 712 Doppelflinten

Die Aufstellung ist nicht vollständig, denn im Jahre 1863 waren fast 1000 Grenz- und Steueraufseher in badischen Diensten, also waren wohl über 1000 Doppelflinten vorhanden. So sind Doppelflinten, wie die hier beschriebene mit der Bezeichnung OBERNDORF zwischen den Läufen, Zeughausstempel ZD im Oval und der Jahreszahl 1842 bekannt.

Die Doppelgewehre waren anfangs mit Steinschlössern versehen, welche in den 1830ger Jahren auf Perkussion aptiert wurden. Ab wann die Gewehre perkussioniert wurden ist nicht bekannt, es ist jedoch anzunehmen, dass Oberndorf schon Perkussionsdoppelflinten lieferte.

Bei den Doppelgewehren befinden sich Arretiernocken unter den Läufen für die Aufnahme eines Tüllenbajonetts. Die zugehörige Seitenwaffe ist ein dreikantiges Tüllenbajonett mit Doppeltülle, an deren Unterseite zwei Blattfedern über den entsprechenden Ausnehmungen für die Arretierwarzen angenietet sind. Die Federn rasten hinter den Warzen ein und geben so dem Bajonett sicheren Halt. An der Unterseite eines jeden Laufes befindet sich eine rechteckige Warze (9,6 mm lang und 6 mm breit) zur Aufnahme bzw. Arretierung des Tüllenbajonettes. Der Abstand von der Mündung des Laufpaares bis zur Vorderkante der Warzen beträgt 43,4 mm.



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