Das preußische Grenzaufseher-Gewehr 1844


Geschichte


Text : Udo Lander

Die „Instruktion für die Grenzaufsichtsbeamten über die praktische Behandlung und den dienstlichen Gebrauch des Gewehrs und Pistols“ datiert vom 27. November 1852. Die darin veröffentlichte, sehr detaillierte Beschreibung des preußischen Gewehrs für die Grenzaufseher entspricht dem hier gezeigten Stück in allen Punkten. Allerdings geht aus dieser offiziellen Quelle nicht hervor, in welchem Jahr das Grenzaufsehergewehr vom preußischen Innenministerium in Dienst gestellt und ausgegeben wurde. Man ist versucht, dies mit dem Jahr der Veröffentlichung der genannten Instruktion in Verbindung zu bringen mit der Annahme, dass das Gewehr um 1852 oder vielleicht kurz davor eingeführt worden sein könnte. Dem widerspricht aber die zweimal vorhandene Jahreszahl „1844“ auf dem ursprünglich braun gebeizten Lauf des hier vorgestellten Gewehres, bei der es sich höchstwahrscheinlich um das Fertigungsjahr handelt. Dies muss zwar nicht bedeuten, dass das Grenzaufsehergewehr bereits im Herstellerjahr eingeführt wurde, doch sicherlich geschah dies auch nicht erst acht Jahre später, im Jahr 1852. Bis zum Auffinden der Einführungsverordnung jedoch wird diese Frage leider unbeantwortet bleiben müssen!

Konstruktionsmerkmale

Wie zu sehen ist, besitzt das Grenzaufsehergewehr ein Schloss mit im Schaftholz bündig eingelassenem Schlossblech, dessen linkes Ende nicht mehr spitz, sondern abgerundet ist. Diese Art des Schlossblechs taucht an preußischen Militärwaffen zum ersten Mal am Infanteriegewehr M 1839 auf. Auch der Perkussionshahn mit der s-förmigen Struktur seiner Oberfläche ist beim Grenzaufsehergewehr identisch. Damit ist das Schloss baugleich zu demjenigen des Infanteriegewehrs M 1839. Im Unterschied zum Infanteriegewehr aber besitzt das Schloss des Grenzaufsehergewehrs zwischen Schlagfeder und Nuss ein Kettenglied, mit dem die Reibung zwischen Schlagfeder und Nuss verringert und damit der Zündvorgang beschleunigt wurde. Darüber hinaus ist das Schloss des Grenzaufsehergewehrs mit einer Pistonsicherung ausgestattet, wie diese von der preußischen Kavalleriepistole M 1850 bekannt ist. Der einfachen Visiereinrichtung mit Standkimme und Korn entspricht der nicht gezogene Lauf, welcher eine gewöhnliche Bajonettwarze an der Unterseite besitzt.

Zubehör und dienstliche Verwendung

Zum Gewehr gehört ein wie der Lauf braun gebeiztes Tüllenbajonett, dessen Tülle den freistehenden Laufteil ganz umschließt. Zum weiteren Zubehör zählen ein Kugelzieher, ein Krätzer, eine Kugelform mit Abschneider zum Gießen der Geschosse, ein Pistonschlüssel, ein Schraubenzieher, ein Lademaß, ein Regenpfropf und ein Trageriemen aus Leder.

Ganz offensichtlich unterschied sich die tägliche Verwendung der Waffe erheblich von dem, was man im Allgemeinen vom Militär her kennt. So schreibt die Instruktion von 1852 vor, „ dass der Grenzaufseher seine Waffe in der Wohnung vor allem gegen Feuchtigkeit zu schützen und dafür den trockensten Ort zur Aufbewahrung auszuwählen habe. Auch war die Lagerung der Munition an einem trockenen und nicht gefahrbringenden Ort der Wohnung ganz besonders zu beachten“. Daraus geht hervor, dass die Grenzaufseher ihre Bewaffnung, die sie „im Dienst meist nur im geladenen Zustand geführt haben“, nach Dienstende mangels anderer Möglichkeiten ganz offensichtlich zu Hause in der eigenen Wohnung aufbewahrten.

Eine weitere Bemerkung in der Instruktion erscheint interessant. Dort heißt es unter dem Punkt „Anwendung der Sicherung“:

„Gilt es in zweifelhafter Situation schnell feuerbereit zu sein, so ist es am zweckmäßigsten, den Hahn in die Ruhrast zu stellen und die Sicherung wegzuklappen. Zu Pferde jedoch kann unter solchen Verhältnissen zwar auch der Hahn in die Ruhrast gestellt werden, doch bleibt es zur Vermeidung von Unglücksfällen angeraten, den Sicherungsflügel auf dem Pistonsockel liegen zu lassen und erst kurz vor Schussabgabe wegzudrücken“.

Dieser Ausführung kann man entnehmen, dass das Gewehr der Grenzaufseher nicht nur von Beamten zu Fuß, sondern auch von berittenen Beamten verwendet wurde, die zudem noch mit einer Pistole, eben der Grenzaufseherpistole ausgerüstet waren.


Badische Grenzaufseher um 1848


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